Neue Doku-Vielfalt im Ersten

Schöne Bilder, brisante Themen, subjektive Reportagen, neue Erzählformen: Das Genre Dokumentation am Montagabend im Ersten hat viele Gesichter. Man wolle „die Vielfalt der Gesellschaft reflektieren“, betonte MDR-Intendantin Karola Wille beim Event "Top of the Docs" während der Berlinale.

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Volker Herres, Heiko Maas und Tom Buhrow bei

Angesichts der neuen Serie „Der blaue Planet“, eine Koproduktion von BBC und WDR, postete ein Zuschauer als Lob: „Dafür zahle ich gerne Gebühren“. Was dem Programmdirektor des Ersten Volker Herres natürlich gut gefiel, wie auch die Quote.

Nun ist „Der blaue Planet“ ein Projekt der Superlative. Mit revolutionären technischen Finessen wurden 125 Expeditionen in 39 Ländern in der Tiefe des blauen Ozeans gedreht und als Erlebnisfernsehen auch mit Musik der Hollywood-Legende Hans Zimmer komponiert. Aber auch die mehrteilige historische Dramaserie „18 – Krieg der Träume“ (läuft im 3. Quartal) hat einen hohen Anspruch durch eine neuartige Erzählweise, mit der sie das Ringen um die beste Utopie zwischen Demokratie, Kommunismus und Faschismus zwischen den beiden Weltkriegen dokumentiert. So ergeben sich Parallelen zur aktuellen Krise in Europa.

„Noch aktueller, noch dramatischer“ will Herres die Dokus in diesem Jahr sechsmal unter dem Titel „Was Deutschland bewegt“ profilieren, montags in der Prime-Time um 20.15 Uhr. Sie sollen fallweise auch von „hart aber fair“ diskutiert werden. Es gibt klassische Dokumentationen wie „Peanuts – Die Jürgen Schneider Story“ zu sehen, Unterhaltsames wie „Die Nummer Eins – Deutschlands große Torhüter“, Krimi-Dokus wie „Morddeutschland“ und einiges Investigatives. Dazu gehört die WDR-Koproduktion „The Cleaners“, eine Recherche von jungen Doku-Machern, die hinter die Kulissen von Facebook und der vorgegaukelten Utopie einer besseren Welt blickten und mit ihrem Film auch in den USA auf dem Sundance Film Festival in Utah Furore machten. Der Film zeigt auch, dass Facebook nur das löscht und zensiert, was dem eigenen Unternehmen nutzt.

Darüber wunderte sich der anwesende geschäftsführende Bundesjustizminister Heiko Maas wiederum nicht, da nach seiner Erfahrung Facebook der Meinung ist, „sich nicht an Recht halten zu müssen“.

Die neue Doku-Vielfalt im Ersten ist Ergebnis einer intensiven Pflege des Genres, an der sich mittlerweile alle ARD-Anstalten beteiligen. Dabei wird das Genre auch verjüngt wie beispielweise mit der Reportage-Reihe „Rabiat!“ von Radio Bremen, in der sich Reporter für mehrere Tage in einen noch unentdeckten Mikrokosmus begeben, um daraus Rückschlüsse auf die bundesdeutsche Gesellschaft zu ziehen. Die 250.000 Euro Preisgeld von Top of the Docs gewann in diesem Jahr das Filmkollektiv mit einem besonders „außergewöhnlichen schrägen Konzept“, betonte ARD-Chefredakteur Rainald Becker. Um die Vielfalt der Dokus auch sichtbar zu machen – immerhin 2.165 Stunden im vergangen Jahr – kündigte Wille eine neue ARD-Mediathek mit benutzerfreundlichen Zugriffstrukturen an. Erika Butzek

Foto: Volker Herres, Heiko Maas und Tom Buhrow bei “Top of the Docs 2018” (vl.n.r.) © | Bild: WDR/rbb/Thomas Ernst