ARD-Filmoffensive im WM-Jahr

2009 haben die fiktionalen Programme im Ersten in allen Sparten zugelegt. Auch 2010 mit seinen großen Sport-Events setzen ARD und Degeto auf eine filmische Offensive. Die Pläne dazu wurden unlängst auf der Jahres-Pressekonferenz in Hamburg vorgestellt.

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2009 haben die Deutschen ihren TV-Konsum gegenüber dem Vorjahr gesteigert – um rund fünf Minuten täglich. Durchschnittlich lief der Fernseher also drei Stunden und 32 Minuten. Auf der Jahrespressekonferenz der ARD-Koordination Fernsehfilm und der ARD Degeto in Hamburg hatte ARD-Programmdirektor Volker Herres neben dieser frohen Kunde auch noch weitere Auswertungen der GFK-Messdaten parat. Und demnach konnte sich die ARD das größte Kuchenstück herausschneiden. Mit 12,7 Prozent Marktanteil liegt das Erste auch 2009 wieder vorn, gemeinsam mit den Dritten Programmen beträgt er Marktanteil gar 26, 2 Prozent.
Mit den fiktionalen Programme, also den Fernseh-Filmen, Spielfilmen und Serien wurde rund ein Drittel des ARD-Programms bestritten. Im Jahr großer Sportveranstaltungen wie der WM in Südafrika setzt Herres also weiter auf die filmische Offensive im Ersten. 2010 werde es auch einige Jubiläen zu feiern geben wie 40 Jahre „Tatort“, 25 Jahre „Lindenstraße“ und zehn Jahre die Debutfilm-Reihe im Ersten.

Die fiktionalen Programme konnten 2009 in allen Sparten bei den Quoten noch mal leicht zulegen. Die ARD und Degeto sind mit ihrem Produktionsvolumen der größte Auftraggeber für freie Produzenten im Lande, „auch noch vor dem ZDF“, wie Verena Kulenkampff, die ARD-Koordinatorin Fernsehfilm, bekräftigte. Hierzu ein paar Zahlen: Mit 1.264 Stunden beträgt der Anteil der Spielfilme im fiktionalen Angebot 37 Prozent, Fernsehfilme kommen mit 720 Stunden auf 21 Prozent. Serie allgemein erreicht mit 1.440 Stunden rund 42 Prozent. Dokumentarfilme werden mit 0,5 Prozent und 17 Stunden angegeben. Der Anteil von Eigen-/Ko- und Auftragsproduktionen sowie kofinanzierten Produktionen liegt bei 63 Prozent.
Im internen Ranking eine Spitzenstellung nimmt nach wie vor der unverwüstliche „Tatort“ am Sonntagabend ein – der dem deutschen Fernsehzuschauer regelrecht ans Herz gewachsen sein muss. Ein heiß geliebtes Ritual. Unter den 500 meist gesehenen Sendungen im deutschen Fernsehen im vergangenen Jahr befinden sich 18 Krimis aus dieser Reihe, bilanzierte Kulenkampff nicht ohne Stolz. Zu einem gewissen Teil sei der Erfolg auch darin zu sehen, dass diese Reihe nicht so durchformatiert sei, wie das bei Serien in der Regel der Fall sei. So zeichne sich jede ARD-Filmredaktion mit einer eigenen Tatort-Handschrift aus. Die Serien im Ersten erreichten 2009 durchschnittlich 5,96 Mio. Zuschauer. Der Fernsehfilm am Mittwoch kann sich mit einer Durchschnittsquote von 4,44 Mio. auch mit den oftmals schwierigeren Themen gut behaupten. Die leichtere filmische Unterhaltung mit Melodramen und romantischen Komödien am Freitagabend erreichten im Schnitt 4,71 Mio. Zuschauer, der Krimi am Sonntag liegt bei 7,46 Mio. Die Bilanz der fiktionalen Formate stimmt also, so dass Herres auf Nachfrage Kürzungen für die fiktionalen Produktionen bis auf weiteres ausschließen konnte.
Zu den Mittwoch-Highlights im Jahr 2010 sind gewiss der Zweiteiler „Gier“ von Dieter Wedel, sowie der TV-Film „Zivilcourage“ mit Götz George (WDR) zu zählen, die beide bereits im Januar ausgestrahlt wurden „Der Tote im Sund“ über den zerstörerischen Einfluss der Scientology-Sekte (SWR/ARD), das Drama „Alles Liebe“ (BR) mit Hannelore Elsner, das von einem schwierigen Verhältnis einer Mutter zu ihren drei Kindern handelt oder auch Margarethe von Trottas Film „Die Schwester“, ein berührendes Drama um einen späten Streit zweier gemeinsam alt gewordener Schwestern, gespielt von Rosemarie Fendel und Cornelia Froboess (HR/BR/Degeto).
Im Bereich Serien geht es weiter mit neuen Staffeln der Langlauf-Formate „In aller Freundschaft“, „Um Himmels Willen“, „Famiie Dr. Kleist“ und „Lindenstraße“. Neu an den Start geht zunächst in sechs Folgen die Ziegler-Produktion „Weißensee“ von Friedemann Fromm, die von zwei benachbarten DDR-Familien in Ostberlin erzählt, von denen eine treu der Parteilinie folgt, während die andere dem Staat und der Partei kritisch gegenüber steht. Auch die Dominik Graf-Serie „Im Angesicht des Verbrechens“, ein Familiendrama, das in den Bannkreis von Banden und Agenten gerät, soll 2010 auf Sendung gehen. Die ARD wird den Freitag-Wiederholungssendeplatz für den Tatort dafür vorsehen.

Die ARD-Tochter Degeto trägt über 30 Prozent zum Programm des Ersten bei. Jörn Klamroth, Geschäftsführer von ARD-Degeto, kann da schon aus dem Vollen schöpfen. Im Bereich Events werden neben den bereits genannten Zweiteiler „Gier“ (Januar) weitere Mehrteiler auf Sendung gehen wie die Henning Mankell-Verfilmung „Kennedys Hirn“ (Ostern), „Der letzte Patriarch“ mit Mario Adorf (Ausstrahlung anlässlich des 80. Geburtstags des Schauspielers im September) und zum Jahresende das gemeinsam mit der BBC produzierte Historiendrama „Laconia“, das von der dramatischen Rettungsaktion des Flüchtlingsboots im Zweiten Weltkrieg handelt. International koproduziert sind auch die Wallander-Verfilmungen. 2010 wird der internationale Leinwandstar Kenneth Branagh in drei Folgen in der Rolle des berühmten schwedischen Kommissars zu sehen sein.

Bei den eingekauften Produktionen kommen in diesem Jahr 77 neue Kinofilme ins Programm von Mainstream bis Arthouse. Dazu spezielle Reihen zu unvergessenen Stars der Leinwand wie Damiel Auteuil, Philip Noiret, Alain Delon oder Hans Albers, der vor 50 Jahren verstorben ist. Eine Werkschau mit acht Filmen gilt dem spanischen Kultregisseur Pedro Almodovar.
Der Tatort wird ab 2010 auch in der ARD-Mediathek regelmäßig zu sehen sein. Zudem werden die neuen Folgen parallel zur Ausstrahlung im Fernsehen am Sonntagabend auch als Live-Stream zur Verfügung gestellt. Bisher konnte der „Tatort“ in der Mediathek der ARD lediglich in Einzelfällen angesehen werden.
Die Filme bleiben gemäß Rundfunkstaatsvertrag für sieben Tage nach der Ausstrahlung verfügbar. (MB 02/10) Bernd Jetschin

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